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Fasten für Gesunde

Nicht der schnelle Erfolg zählt, sondern die Nachhaltigkeit

In der Petrusgemeinde hat das gemeinsame Fasten Tradition.

Fasten ist in der Passionszeit für viele gesunde Menschen längst eine Selbstverständlichkeit. Die Einen lassen den Alkohol, die Süßigkeiten oder den Kaffee weg; andere machen das etwas gründlicher mit ausschließlich Tee und Gemüsebrühe etwa. Dazu zählt auch die Gruppe, die sich alljährlich zehn Tage ganz darauf einlässt und sich allabendlich in der Petrusgemeinde zum Austausch trifft. Früher wurde in beiden Stadtteilen gemeinsam gefastet, im Nepomukzimmer der Nazariuskirche ebenso wie im Petrussaal; in den letzten Jahren reduzierte es sich auf Urberach, allerdings mit Teilnehmern aus allen Stadtteilen und auch mit alljährlicher Teilnahme von Pfarrer Elmar Jung, der ja mittlerweile in Langen und Egelsbach zuhause ist.

Diesmal waren es elf Frauen und Männer, denen es nach den üblichen Anfangsschwierigkeiten durchweg sehr gut erging. Viele von ihnen nehmen seit Jahren teil, andere sind noch neu in der Gruppe.

In der Petrusgemeinde haben Carmen Brößler und Bärbel Dörsam die Vorbereitung in der Hand, erstellen einen Fastenplan für diese zehn Tage und sorgen für Referenten und Material. Bei den allabendlichen Treffen berichten die Fastenden stets als erstes über ihr Befinden im Laufe des Tages.

Hat sich an den Sinnen etwas verändert? „Meine Sehkraft ist jedes Mal zunächst schlechter, aber das legt sich wieder“, erzählt Pfarrer Jung. „Seit ich Ingwertee trinke, hat meine Zunge etwas gelitten“, berichtet eine Teilnehmerin., während eine andere das Kauen bei dem ausschließlich auf Trinken basierenden Fasten vermisst: „Die Kaubewegungen fehlen mir“. Bei den meisten Fastenden sinkt der Blutdruck – Susanne Kraus dagegen hat die gegenteilige Erfahrung gemacht – man sieht, auch hier gibt’s keine festen Regeln. Ihre Stuhlnachbarin weiß, woran ihre Rückenschmerzen liegen: „Ich habe gestern im Garten gearbeitet.“ Allgemein sind am vierten Tag dieser Auszeit die anfänglichen Probleme von Hungergefühl bis Kopfschmerzen weitgehend verflogen; die meisten Fastenden fühlen sich im Grund wohl: „Ich habe heute Morgen gearbeitet, war dann einkaufen und hab dann Hausputz gemacht – aber das ging alles gut“, freut sich Andrea Bittner. Und Elmar Jung berichtet, dass er den Tag mit 74 Kommunionkindern, der hinter ihm liegt, sehr gut durchgestanden hat: „Ich habe mich gewundert über meine Konzentrationsfähigkeit und meine Zuhör-Kraft!“

Ein Problem haben die allerdings meisten, und Ellen Löhlein spricht es aus: „Ich friere eigentlich dauernd. Und ich gehe mit Wärmflasche und Söckchen ins Bett!“

Den Fastenden geht es nicht um eine Gewichtsabnahme (oder höchstens als positiver Nebeneffekt) – nicht der schnelle Erfolg zählt, sondern die Nachhaltigkeit des Fastens, sondern um eine Grundreinigung des Körpers einschließlich einer Entgiftung. Dazu zählen natürlich auch Kräuter in der selbst gekochten Gemüsebrühe, die allein schon vom Geruch her jetzt besonders intensiv wahrgenommen werden. So ist ein Abend dem Säen und Pflanzen von Kräutern gewidmet – Carmen Brößler und Bärbel Dörsam haben kräftige Majoran-Pflanzen besorgt, die nun geteilt und in kleine Töpfe gesetzt werden. Danach werden weitere Kräuter wie Kresse oder Sauerampfer eingesät und dabei alles Handwerkliche sichtbar genossen. An den anderen Abenden ging es etwa um Gewürze und Kräuter aus der Bibel, wozu auch Prädikant Herbert Schäfer viel zu erzählen wusste. Aber auch um Bibelpralinen ging es. Einen Abend kam Susan Diehl mit einer Yoga-Einheit zu den Fastenden; einen Abend bot Karla Jäger eine Klangmeditation an. Am Sonntag freute sich die Gruppe bei gutem Wetter über einen Spaziergang zur Weidenkirche mit einem Abstecher in das Kleingartengelände Erlenwald, wo Carmen Brößler in ihr Gartengrundstück zu einem Abschluss rund um die Feuerstelle einlud - lauter schöne Termine, die der Seele guttun und einen angenehmen Ausgleich für die körperlichen Entbehrungen des Fastens darstellen.

Den feierlichen Abschlussabend mit einer kurzen Andacht und mit dem lang ersehnten Fastenbrechen mit Mazen und einem Schluck Traubensaft gestaltet auch diesmal Pfarrer Oliver Mattes. Jedes Jahr spenden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anschließend für das Indien-Hilfswerk HandinHand. Davon wurden in früheren Jahren etwa Augenoperationen für Menschen mit grünem Star durchgeführt.

Christine Ziesecke


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